Logbuch - Sommertörn 2012


29.07.2012 bis 06.08.2012

1.161 sm - 1.478 sm

Peel, Isle of Man - Irland - Penzance, Cornwall


Grenzen

Die Irish Sea sucks. Sie nervt uns mit permanentem Wind aus südlichen Richtungen (da wollen wir dummerweise hin), der meistens zu stark ist, um dagegen an zu motoren. Oder bei wenigen verfügbaren Häfen sind die geplanten Etappen zu lang, um zu kreuzen. Wir brechen daher auf, sobald die Bedingungen halbwegs günstig erscheinen. Für die 75 Seemeilen von der Isle of Man in die Republik Irland kommt der Wind aus Westen, wir müssen nach Südwesten; das geht, bedeutet aber für den ganzen Tag einen Am-Wind-Kurs. Am Wind segeln macht grundsätzlich Spaß, kann aber auf Dauer ziemlich anstrengend werden. Nach 13 Stunden ist von Spaß keine Rede mehr. Alle sind durchgefroren, weil man es unter Deck wegen Übelkeit nur kurz aushalten konnte. Als wir in Howth ankommen, stellen wir außerdem fest, dass die vordere Luke undicht war und ziemlich viel Wasser in Georgs Matratze gelaufen ist (Am-Wind-Kurs heißt nämlich auch, dass viel Wasser überkommt). Am nächsten Tag besuchen wir Dublin in strahlendem Sonnenschein – da macht Urlaub wieder Spaß! Auch Howth ist ganz nett, ein bisschen wie das Sylt der Dubliner – Delikatessenläden und In-Restaurants.

 

Eigentlich wollen wir am zweiten Abend weiter, aber – Überraschung – der Wind kommt mit 7 Beaufort aus Süden (wir erinnern uns: da wollen wir hin). Aufbruch daher erst am Donnerstag; der Wind kommt zwar immer noch aus der falschen Richtung, dafür aber nicht mehr so stark. Leider steht noch eine starke Dünung vom Wind der letzten Tage, und wir stellen fest, dass unsere provisorische Lösung für das vordere Luk irgendwie nicht hält. Das heißt, dass für die nächsten 30 Seemeilen immer einer in der vorderen Kabine sitzt, der, sobald Wasser übers Deck läuft, versucht, dieses mit Handtüchern aufzufangen. Das geht nur abwechselnd (siehe oben: am Wind = Übelkeit), Nele hält es am längsten aus. Nach 45 Seemeilen erreichen wir Arklow und steuern hoffnungsvoll die Marina an. Die ist deutlich enger, als es auf der Seekarte aussieht … Wir haben keine Chance auf eine Box und sind froh, rückwärts wieder aus dem Hafenbecken herauszukommen. Zum Glück gibt es noch einen freien Platz am Steg entlang des Avoca-Flusses. Arklow an sich ist nicht besonders sehenswert, aber der freundliche Hafenmeister empfiehlt uns einen tollen Pub, und wir entdecken 500 Meter von unserem Liegeplatz eine Mall ähnlich des Centro oder Rheinpark-Center – sogar mit Kino! Dass einem so selbstverständliche Dinge plötzlich wie das gelobte Land vorkommen … Da der Wind immer noch aus Süden kommt, und Anne auch ihren Flieger von Dublin erwischen muss, bleiben wir 2 Tage in Arklow. Und machen so „normale“ Sachen wie Kino („Brave“ (Merida) und „The Amazing Spiderman“) und Shoppen (oder mit Lewmar wegen des kaputten Schotts telefonieren).

Am Sonntag morgen bricht Anne um 7:15 mit dem Bus zum Airport auf und wir kurz danach in Richtung Cornwall, nach einer Woche Süd ist ein kurzes Fenster mit nordwestlichen Winden vorhergesagt. Zunächst ist aber erstmal nur ganz wenig Wind und motoren notwendig – immerhin ist schönes Wetter und alles ist besser als Wind 7 aus der Gegenrichtung … Kurz vor Wales drehen wir auf Südkurs in Richtung Land‘s End, und gegen Abend frischt der Wind auch auf, so dass wir auf raumen Kursen und wenig Seegang wunderschön in die Nacht segeln; sogar die „Thundery Showers“ zieht der Wetterbericht wieder zurück, traumhafte Bedingungen für so einen langen Schlag. In der Nacht scheint der Mond, und bei ruhiger See werden erste Schritte mit dem Sextanten unternommen. Das Winkel-Messen funktioniert schon gut, daraus dann mit Sternkarte, vielen Tabellen und Taschenrechner eine Position zu berechnen, steht allerdings noch aus. Insgesamt eine tolle Nachtfahrt mehr oder weniger alleine auf der Celtic Sea, zum ersten Mal (abgesehen von einigen kleineren Strecken in Schottland) segelt Lyonesse auf dem großen Nordatlantik, westlich von uns ist nichts mehr bis Kanada. Ganz alleine bleiben wir dann doch nicht, zweimal gesellen sich nochmal Delphine zu uns und begleiten uns ein gutes Stück in Richtung Süden. Wie immer bleibt das Wetter natürlich nicht so schön, am Morgen ist wieder Am-Wind-Kurs angesagt, der Seegang ist stärker (wenn auch immer noch OK), Wind läuft gegen Strom, und es schauert. In Summe alles harmlos, aber als wir Land‘s End umrunden, bekommt man ein gutes Gefühl dafür, dass es hier – ohne irgendeinen Fluchthafen in der Nähe – bei schlechteren Konditionen ziemlich ungemütlich sein kann. Am diesem Morgen durchsegelt „Lyonesse“ dann auch das Gebiet von „Lyonesse“, das untergegangene Land und Namensgeber für unser Boot, das ja zwischen Land‘s End und den Scilly Isles liegt… Kurz vor Schluss kommt noch die Idee, gleich nach Falmouth zu segeln, leider läuft der Tidenstrom mit 3 Knoten gegen uns und wir bleiben bei Penzance. Nach 32 Stunden und 200 Seemeilen auf See liegen wir noch einige Stunden an einer Mooring-Boje, bevor wir sehr müde das Tidal-Gate in den Hafen von Penzance passieren können.

 

Die Interpretation des Titels der Woche bleibt dem geneigten Leser überlassen …


Dörte und Georg